Bericht GATE-Themenabend Kreuzfahrttourismus

Immer häufiger rühmen sich namhafte Akteure der Kreuzfahrtindustrie mit Nachhaltigkeitsstrategien und führen dabei dann Maßnahmen wie den Einsatz von LED-Lampen an Board an. Aber auch solche lapidaren Versuche, diese Industrie etwas grüner wirken zu lassen, können nicht über das große Problem der Schifffahrt im Allgemeinen, und somit auch (und ganz besonders als boomender Sektor) der Kreuzfahrtindustrie im Speziellen, hinwegtäuschen: Die extremen Emissionen, die katastrophale Auswirkungen auf Mensch und Umwelt bedeuten. Denn was kaum einem bewusst ist, bei Emissionen geht es nicht nur um das ausgestoßene CO2, dessen Werte eines Kreuzfahrtschiffes allein schon katastrophal sind, sondern eben auch um giftige Abgase wie Ruß, der das Abschmelzen des arktischen Eises stark begünstigt, um hochgradig gesundheitschädlichen Feinstaub und um Schwefel, dessen Ablagerung z.B. auch Gebäude kulturellen Erbes beschädigt. Hinzu kommt die Belastung des Meeres durch immer wieder austretendes Schweröl (rund 60% des gemessenen Schweröls in den Weltmeeren stammt nicht etwa aus Havarien oder Unfällen, sondern aus alltäglichen Vorgängen wie spill-over bei Betankungen, Ablassung von mit Schweröl verunreinigtem Wasser etc.). Und genau dies ist das eigentliche Problem: die Verwendung von Schweröl in der Schifffahrt, eines Abfallproduktes der Ölproduktion, das seit der Ölkrise in den 70er Jahren vom Sondermüll zum Treibstoff für die gesamte Schifffahrt wurde. So entstehen schon durch ein kleines Kreuzfahrtschiff z.B. Schwefeldioxid-Emissionen mit vergleichbaren Werten von 376.030.220 PKW´s. Was an Land lange undenkbar ist – der maximale Schwefelanteil von Diesel darf hier 0,001 % betragen – ist durch fehlende strengere Gesetzgebung auf dem Wasser mit Werten von 3,5 % Schwefelanteil Standard. Das bedeutet ungefilterte Kraftwerke, und zwar nicht nur auf dem offenen Meer, sondern in Hafenstädten eben auch direkt vor der Haustür und das meist das ganze Jahr hindurch.

Genau hier setzt die politische und gesellschaftliche Arbeit des Verkehrsreferats des NABU an. Denn es könnte so einfach sein: Der Kraftstoff könnte quasi von heute auf morgen ausgetauscht und so durch die Verwendung von höherwertigen Kraftstoffen wie Diesel bereits eine starke Verbesserung erzielt werden. Durch eine im Vergleich zu den Gesamtkosten eines Kreuzfahrtschiffes geringe Investition könnten darüberhinaus Partikelfilter eingesetzt werden, an Land längst gängige Praxis. Doch solange es keine gesetzlichen Vorschriften gibt, wird lieber in das Boardentertainment und immer größere Schiffe investiert. Ähnlich verhält es sich mit Themen wie Landstromanschlüssen, über die weiterhin die wenigstens Schiffe verfügen.

So fallen die Ergebnisse des Kreuzfahrtrankings, das der NABU auch 2017 erstellt hat, wieder mager aus. Die beste Bewertung mit 1,5 von 4 möglichen „grünen Schiffs-Schrauben“ erreichen dabei noch deutsche Unternehmen wie die TUI mit ihren neuesten Schiffen. Doch der Fortschritt ist bisweilen gering und die Brisanz des Themas trifft in der traditionellen Schifffahrtsindustrie weiterhin größtenteils auf taube Ohren. Hinzu kommt, dass die Schifffahrt zusammen mit der Luftfahrt, und somit zwei der klimaschädlichsten Sektoren, vom Pariser Klimaschutzabkommen ausgenommen ist und die Treibstoffe weiterhin steuerfrei sind. Somit steht weiterhin das Wachstum dieser Branchen im Vordergrund der Entwicklung.

Zwar will Norwegen als Vorreiter die Einfahrt von älteren Kreuzfahrtschiffen in die Fjorde aufgrund der starken Luftverschmutzung ab 2018 verbieten, was einen gewissen Handlungsdruck auf Reedereien ausüben könnte, wenn weitere Destinationen solche Maßnahmen ergreifen würde. Von höchstfrequentierten und damit auch schwer gebeutelten Hafenstädten wie Venedig oder Dubrovnik ist solche Konsequenz allerdings noch nicht zu erwarten, da hier z.B. die durch den Kreuzfahrttourismus generierten Einnahmen weiterhin hochgehalten werden; trotz existierender Studien, die zeigen, dass die Städte für den Kreuzfahrttourismus durch sämtliche Schäden letztlich sogar draufzahlen.

Dass in der Kreuzfahrtindustrie darüberhinaus noch viele weitere Problemfelder bestehen, wie zum Beispiel im sozialen Bereich, bezugnehmend auf die Arbeitnehmer-Situation insbesondere Unterdeck, ist jedem, der sich schon einmal etwas mit dem Thema auseinandergesetzt hat, klar. So betrachtet, könnte man sich Fragen, was Urlauber überhaupt dazu bringt, diese Form des Reisens zu wählen. Doch einen gänzlichen Boykott dieser Industrie erzielen zu wollen ist, solange der Kreuzfahrt-Boom und der „Mythos Traumschiff“ sich halten, wohl aussichtslos und so gilt es vorerst weiterhin dafür zu kämpfen, dass diese Industrie durch Landstromversorgung, Abgasreinigung und ein Schwerölverbot, wenigstens zu einer verträglicheren wird.
Luisa Mentz