Bericht GATE-Themenabend 27.02.2018

Der Tourismus in Berlin hat bereits einige Jahre des Booms hinter sich. Nach Jahren des starken Wachstums war der Zuwachs in 2017 da erste Mal geringer. Trotzdem ist es noch ein Zuwachs und auch auch in Berlin bringt die stetige Zunahme der Touristenankünfte nicht nur positive Effekte mit sich. Städte wie Barcelona, Dubrovnik und Amsterdam mussten schmerzlich erfahren, welche Auswirkungen ein Tourismus-Boom ohne das nötige Management und die Akzeptanzerhaltung bei den Anwohnern/Einheimischen haben kann; das Wort „Overtourism“ scheint in diesen Zeiten in aller Munde. So sind auch in Berlin schon öfter erste Anzeichen einer punktuell aufkommenden Antihaltung gegen Touristen zu spüren gewesen. Um mit den Bewohnern in Austausch zu treten, die Stimmung der Bevölkerung abzufangen und einem möglichen Aufflammen einer „Tourist go Home“-Bewegung entgegen zusteuern, hat visitBerlin, die offizielle Tourismus-Marketing-Instanz Berlins, die sich eigentlich mit der Bewerbung der Destination beschäftigt, sich auch dem Thema der Akzeptanzerhaltung im Tourismus angenommen.

Mit einer jährlichen großangelegten, telefonischen Bevölkerungsumfrage wird die Stimmung der Berliner gegenüber der Touristen abgefragt. Das schöne: auch im vergangenen Jahr antworteten 82% der 3000 Befragten, dass sie sich vom Tourismus in Berlin nicht gestört fühlen. Klar ist aber auch, dass in Berlin bestimmte Gegenden/Bezirke stärker vom Tourismus „betroffen“ sind als andere. So werden z.B. besonders die Bewohner der bei Party-Touristen beliebten Bezirke Friedrichshain und Kreuzberg von auch werktags/nachts feiernden Touristengruppen um den Schlaf gebracht;  dass dies z.B. in Pankow oder Schöneberg kein zentrales Thema ist, liegt auf der Hand. Doch auch andere Auswirkungen des Tourismus stoßen einigen Berlinern sauer auf,wie z.B. überfüllte Wochenmärkte, Wohnungsmangel durch Ferienvermietungen oder überfüllter öffentlicher Nahverkehr.

Um mit den Berlinern über die telefonische Befragung hinaus in Dialog zu treten, zu hören, was die Bewohner wirklich stört oder welche kritischen Bereiche sie im Zusammehang mit dem Tourismus in Berlin sehen und über den Austausch eventuell sogar herauszufinden, dass gar nicht unbedingt die Touristen das „Problem“ sind, sondern eben z.B. auch viele Berliner nachts aus den anderen Bezirken nach Friedrichshain und Kreuzberg pilgern, hat visitBerlin mit dem Initiative HIER IN BERLIN auch Projekte wie die Ideen-Werkstätten ins Leben gerufen. In diesen Workshops handelt, wurde mit Bewohnern an Ideen und konkreten Maßnahmen zur Erhaltung der Tourismusakzeptanz in Berlin gearbeitet. Einen weiteren wichtigen Pfeiler der Initiative bildet die Website du-hier-in.berlin, auf der Ergebnisse aus den Dialogen nachzulesen sind und Berliner auch die Möglichkeit haben, ihre Meinung loszuwerden. Außerdem sind hier auch die Zitate der Gespräche zu finden, die während der Kiez-Touren geführt wurden, des Herzstücks von HIER IN BERLIN. Auf Kiez-Tour ist eine Truppe von (visit)Berlinern in den Monaten April bis Oktober mit einem Lastenrad auf Wochenmärkten in ganz Berlin unterwegs und tritt in Dialog mit den Berlinern. Nicht nur haben die Berliner so die Möglichkeit, ihre Sorgen, Wünsche und Meinungen loszuwerden, auch haben die visitBerliner so eine Art Fühwarnsystem entwickelt: sollten sie an einem der rund 15 Standorte in 5 Bezirken eine deutlich kritische Stimmung wahrnehmen, haben sie die Möglichkeit, dies an die Politik weiterzuspielen, damit diese gegebenenfalls rechtzeitige entsprechend Maßnahmen ergreifen kann.

Auffällig ist, dass Friedrichshain-Kreuzberg unter den 5 Bezirken, die von der Kiez-Tour bisher aufgesucht wurden, nicht zu finden ist. Da die Lage in diesem Bezirk bereits recht kritisch ist, ist es fraglich, ob hier eine reine Stimmungsabfrage noch eine angemessene Maßnhame ist. Trotzdem wäre es sicherlich wichtig, den Anwohnern zumindest die Chance zu geben, in den Dialog zu treten, damit diese sich mit ihren Problemen nicht allein gelassen und ungehört fühlen.

visitBerlin versucht die Situation aber auch in der Ansprache der Touristen zu beeinflussen, in dem bei der Lenkung der Touristen bewusst darauf geachtet wird, zu entzeren, die Touristen auch in Außenbezirke zu locken und bereits überlaufene Punkte, wie z.B. den Mauerpark gar nicht mehr zu bewerben.

Klar ist aber, dass bei vielen Themen die Berliner Politik bzw. die Bezirksämter gefragt sind, sei es in Bezug auf eine mäßigere Vergabe von Bar-Konzessionen, einer regelmäßigeren Reinigung der öffentlichen Plätze oder bei einer passenderen Infrastrukturplanung, wie z.B. von weiteren öffentlichen Toiletten.

Generell ist es aber wichtig, dass man über allem nicht vergisst, dass die Berliner im Großen und Ganzen nach wie vor eine Willkommens-Kultur pflegen. Dies zu erhalten sollte oberstes Ziel sein.